Schwerpunkt

Inklusion

Vorwort

Sehr geehrte Abonnentinnen und Abonnenten des Newsletters „DAZUGEHÖREN“

Wir freuen uns, Ihnen heute die zweite Ausgabe des Jahres 2022 präsentieren zu können. Das Hauptaugenmerk liegt in dieser Ausgabe auf dem Thema Inklusion. Im Rahmen dieses Newsletters können wir dieses Thema natürlich nur anreißen.

Zentrales Ziel der Inklusion ist immer die Teilhabe an der Gesellschaft. Im Juni 2021 trat das Kinder und Jugendstärkungsgesetz in Kraft, das vor allem für Verbesserungen für diejenigen jungen Menschen steht, die benachteiligt sind, unter belastenden Lebensbedingungen aufwachsen oder Gefahr laufen, von der sozialen Teilhabe abgehängt zu werden. Damit ging die Entscheidung des Gesetzgebers einher, Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung unter dem Dach der Jugendhilfe zusammenzuführen. Spätestens ab 2028 müssen Fachkräfte der Kinder und Jugendhilfe auch spezifischen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung Rechnung tragen. Neben den Reformen auf gesetzlicher und institutioneller Ebene gilt es auch gesellschaftliche Änderungen voranzubringen.

Darüber hinaus sind aber auch andere Beiträge zu den Themen Kinderschutz und Unterstützung psychisch belasteter Kinder und Jugendlicher Teil der Ausgabe.

 

Dazugehören auf Social Media

Wer für den Kinderschutz brennt oder sich die Wartezeit bis zum nächsten Newsletter verkürzen will, kann Dazugehören auch auf Facebook besuchen. Seit 2017 wird dort auf dem Kanal Dazugehören zweimal wöchentlich Wissenswertes und Aktuelles zu den Themenbereichen Teilhabe und Partizipation von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Schauen Sie gerne vorbei und stöbern!

Schwerpunkt

Auftaktveranstaltung zur inklusiven Kinder- und Jugendhilfe

Am 27. Juni fand die digitale Auftaktveranstaltung: „Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe“ statt, die den Beteiligungsprozess für die Gestaltung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe startete. Ziel ist, alle Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen unter dem Dach der Kinder- und Jugendhilfe zusammenzuführen. Der Beteiligungsprozess soll schließlich in einer Gesetzesinitiative münden.

Bei der inklusiven Lösung geht es um rund 360.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland mit einer seelischen, geistigen oder körperlichen Behinderung. Bisher sind nur die rund 100.000 Kinder mit einer seelischen Behinderung durch das Kinder- und Jugendhilferecht erfasst. Die ca. 260.000 Kinder mit einer geistigen oder körperlichen Behinderung hingegen nicht. Sie sind stattdessen in der Eingliederungshilfe oder sogenannten „Behindertenhilfe“ erfasst.

Die Aufzeichnung der Auftaktveranstaltung steht auf der Webseite des BMFSFJ zur Verfügung.

Gesetzentwurf zur Abschaffung der Kostenheranziehung

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass junge Menschen, die in einer Einrichtung der Kinder und Jugendhilfe oder in einer Pflegefamilie leben, sowie auch alleinerziehende Mütter und Väter, die mit ihrem Kind in einer gemeinsamen Wohnform betreut werden, finanziell entlastet werden.

Bisher müssen junge Menschen und alleinerziehende Väter oder Mütter, die in einer betreuten Einrichtung leben, bis zu 25 Prozent ihres Einkommens aus Ausbildung oder anderen Tätigkeiten an das Jugendamt abgeben. Mit dem neuen Gesetz sollen sie sich in Zukunft nicht mehr aus ihrem Einkommen an den Kosten der Kinder und Jugendhilfeleistung beteiligen müssen. Dies soll ihnen den Start in eine selbstbestimmte und unabhängige Zukunft erleichtern. Das Gesetz soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.
Quelle: BMFSFJ

Inklusion in Deutschlands Schulen: Eine bildungsstatistische Momentaufnahme 2020/21

2009 trat Deutschland der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen bei. Diese beinhaltet den Entwicklungsauftrag wie folgt: „Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass (a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderungen vom allgemeinen Bildungssystem ausgeschlossen werden und dass Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen ausgeschlossen werden (…)“

Im Juni 2022 erschien nun eine Studie der Bertelsmann Stiftung, die untersucht, wie diese Inklusion bisher in Deutschlands Schulen umgesetzt wurde. Dabei zeigt der Vergleich der Daten von 2008/09 und 2020/21 zeigt, dass:

  • aktuell bundesweit mehr Diagnosen ausgestellt werden als vor 12 Jahren,
  • die Exklusionsquote sich in den vergangenen 12 Jahren nur geringfügig verändert hat,
  • dass die Länderunterschiede in den Entwicklungen hin zu einem inklusiven Schulsystem immer größer werden, dass das gemeinsame Lernen eine Frage der Schulform bleibt

Quelle: Pexels, Arthur Krijgsman

Raul Krauthausen – Inklusions Aktivist

Raul Krauthausen ist bereits seit mehreren Jahren Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit. Unter anderem ist er Gründer der Sozialhelden, die sich für mehr Teilhabe und Barrierefreiheit einsetzen. Zudem hat er verschiedene Podcast zu den Themen, wie z.B. „Im Aufzug“ wo er sich mit verschiedenen Gästen unterhält. Die Folgen können kostenfrei über seine Webseite abgerufen werden.
Für sein Buch Wie kann ich was bewegen trafen er und sein Mitautor Benjamin Schwarz 16 der bekanntesten Aktivist:innen Deutschlands und sprachen mit ihnen über persönliche Hintergründe und Motive sowie neuen Gedanken zu den wichtigen politischen Fragestellungen unserer Zeit.

Zeitgeist der Inklusion e.V.

2014 begannen die Gründerinnen des Vereins, Christin Binde und Katrin Behr, als Assistentinnen für Menschen mit Behinderung zu arbeiten. 2021 schließlich starteten sie ihren Podcast, in dem sie über Themen wie Diversität, Akzeptanz und Teil sein informieren. Ziel des Podcasts ist es, nicht über Menschen und Probleme zu berichten, sondern jedem selbst die Möglichkeit zu geben darüber zu reden und aufzuklären. Nicht übereinander, sondern miteinander! Den Verein gründeten sie, weil sie mehr bewegen möchten. Das oberste Ziel des Vereins ist, das Berufsfeld der „persönlichen Assistenz“ anerkennen zu lassen. Parallel zu diesem großen Ziel, bieten sie Weiterbildungen, Schulungen und Talks an Schulen, Kitas und Unternehmen zum Thema Inklusion an. Am 04. September organisierten sie einen bundesweiten Inklusionstag. Die Gesprächsrunden werden in ihrem Podcast veröffentlicht und können dort kostenfrei angehört werden.

Quelle: Zeitgeist der Inklusion

Mädchen sicher inklusiv – Fachstelle für Gewaltprävention und Gewaltschutz für Mädchen und junge Frauen mit Behinderung/chronischer Erkrankung

Mädchen sicher inklusiv bietet kostenfreie Unterstützung für Mädchen und junge Frauen, die mit einer Behinderung oder chronischen Erkrankung leben. Das Angebot besteht aus:

  • Online-Beratung – per Mail oder im Chat
  • telefonischer Beratung
  • persönlicher Beratung in Bielefeld und Umgebung
  • Weitervermittlung an geeignete Hilfeangebote

Gefördert wird die Fachstelle vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen. Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite oder auf dem Instagram Account.

Filmtipp: Die Kinder der Utopie

Luca, Dennis, Christian, Marvin, Johanna und Natalie kennen sich aus ihrer Grundschulzeit. Damals besuchten sie eine Inklusionsklasse der Berliner Fläming-Schule, die seit 1975 das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen praktiziert. Hubertus Siegert hat 2005 in seinem Dokumentarfilm „Klassenleben“ diese Klasse porträtiert und führte zwölf Jahre später sechs Ehemalige für seinen Film Die Kinder der Utopie wieder zusammen. Ein Film, der aufzeigt, welche Veränderungen ein anderes Schulsystem hervorbringen kann. Für 3,99€ kann der Film ausgeliehen und gestreamt werden und für 9,99€ gekauft.

Neuigkeiten

Kinderschutz: Kindeswohlgefährdungen bleiben auch 2021 auf hohem Niveau

Im August wurden die Statistiken zur Kindeswohlgefährdung des Jahres 2021 veröffentlicht. Dabei ist die Zahl nach ihrem Höchststand im ersten Corona-Jahr 2020 – im zweiten Jahr der Pandemie leicht gesunken

Im August wurden die Statistiken zur Kindeswohlgefährdung des Jahres 2021 veröffentlicht. Dabei ist die Zahl nach ihrem Höchststand im ersten Corona-Jahr 2020 – im zweiten Jahr der Pandemie leicht gesunken: 2021 haben die Jugendämter in Deutschland bei über 59 900 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt festgestellt. Das waren rund 600 Fälle oder 1 % weniger als im Vorjahr. Die Fälle, bei denen die Behörden nach Prüfung des Verdachts zwar keine Kindeswohlgefährdung, aber einen Hilfebedarf festgestellt haben, sind jedoch um knapp 2 % gestiegen (+ 1 100 Fälle): 2021 meldeten die Jugendämter fast 67 700 Fälle von Hilfebedarf. Fast jedes zweite gefährdete Kind war zudem jünger als 8 Jahre und in jedem fünften Fall wurden mehrere Arten von Vernachlässigung oder Gewalt festgestellt. Im zweiten Corona-Jahr haben die Kindeswohlgefährdungen damit den zweithöchsten Wert seit Einführung der Statistik im Jahr 2012 und die Fälle von Hilfebedarf einen neuen Höchststand erreicht.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Statistischen Bundesamts.

Diskriminierung von und wegen Kindern – ein Rechtsgutachten

Im September erschien ein neues Rechtsgutachten zum Thema „Diskriminierung von und wegen Kindern – eine rechtliche Betrachtung des jungen Alters“ in Auftrag gegeben von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Im September erschien ein neues Rechtsgutachten zum Thema „Diskriminierung von und wegen Kindern – eine rechtliche Betrachtung des jungen Alters“ in Auftrag gegeben von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Wenig überraschend zeigt es, dass Altersdiskriminierung nicht nur ältere Menschen, sondern auch Kinder und Jugendliche betrifft. Neben der Bestandsaufnahme enthält das Gutachten auch konkreten Vorschlägen vor, um Kinder und auch Eltern künftig noch besser zu unterstützen.

Quelle: Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Kinderschutz in Studium und Praxis stärken – die Emder Erklärung

Vom 08. bis 09. September fand die 5. Sommerhochschule Kinderschutz an der Hochschule Emden/Leer statt. 160 Studierende, über 20 Lehrende von 10 Hochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz (Basel)…

Vom 08. bis 09. September fand die 5. Sommerhochschule Kinderschutz an der Hochschule Emden/Leer statt. 160 Studierende, über 20 Lehrende von 10 Hochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet und der Schweiz (Basel) und mehr als 20 Praktiker:innen aus unterschiedlichen Arbeitsfeldern trafen sich, um sich in einem dreitägigen Programm aus Vorträgen, Diskussionsrunden und Workshops zu vernetzen, austauschen und gemeinsam Einblicke in aktuelle wissenschaftliche Debatten und die Fachpraxis rund um das diesjährige Thema „Innovative Konzepte für den Kinderschutz in ländlichen und strukturschwachen Regionen“ zu erlangen.

Dabei kam es auch zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Praxis des Lehrens und Lernens von Kinderschutzwissen und Kinderschutzkompetenzen im Studium. Auf dieser Basis entstand die Emder Erklärung: eine kritische Bestandsaufnahme sowie die Benennung von Perspektiven zur Stärkung des Kinderschutzes in Studium, Berufseinmündung und Praxis.

Quelle: Die Kinderschutz-Zentren

Zwischenbericht zum Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“

Die Corona-Pandemie hat das Leben von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen beiden Jahren stark eingeschränkt. Schulschließungen haben zu Lernrückständen sowie Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit geführt.

Die Corona-Pandemie hat das Leben von Kindern und Jugendlichen in den vergangenen beiden Jahren stark eingeschränkt. Schulschließungen haben zu Lernrückständen sowie Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit geführt. Bund und Länder haben deshalb im vergangenen Jahr gemeinsam das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ für die Jahre 2021 und 2022 gestartet. In ihrem Zwischenbericht haben die Länder nun dokumentiert, welche Maßnahmen sie dazu auf den Weg gebracht und für die weitere Laufzeit geplant haben. Im März wurde hierzu ein

Zwischenbericht vorgelegt, der aufzeigt, welche Maßnahmen umgesetzt wurden. Der Abschlussbericht wird im März 2023 erwartet.

Quelle: BMBF

Lesenswert – Hörenswert – Sehenswert

Anerkennung psychischer Traumafolgen – ein Autoreninterview

Frage: Lieber Herr Fegert, im August erschien Ihr Buch „Anerkennung psychischer Traumafolgen – Eine Spurensuche, inspiriert von der St. Michaelsfigur im Ulmer Münster“. Wie kamen Sie auf die Idee zu dem Buch?

Jörg M. Fegert (JMF): Die Idee kam aufgrund einer Anfrage der Prälatin für Oberschwaben und Ostalb Gabriele Wulz, die als Dienstälteste der vier Prälaten der württembergischen evangelischen Landeskirche auch Stellvertreterin des Landesbischofs ist und dem damaligen Dekan und heutigen Landesbischof Gohl zum St. Michaelistag einen Vortrag im Ulmer Münster zu halten, aus meiner fachlichen Perspektive als Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeut sowie Traumaforscher. Dabei ging es um die sechs Meter hohe Figur des Erzengels Michael mit einem Flammenschwert, der als Teil eines Kriegerdenkmals 1934 im Ulmer Münster installiert wurde. Die Figur ist seit Jahren umstritten. Nach langen Auseinandersetzungen in der Stadt Ulm sowie der Kirchengemeinde, ob man die Figur entfernen sollte und sich somit auch ihrer Geschichte entledigen könnte, wurde entschieden, dass die Figur im Münster verbleibt, aber jedes Jahr zum Michaelistag ein Vortrag dazu stattfindet.

Anerkennung psychischer Traumafolgen – ein Autoreninterview

Frage: Lieber Herr Fegert, im August erschien Ihr Buch „Anerkennung psychischer Traumafolgen – Eine Spurensuche, inspiriert von der St. Michaelsfigur im Ulmer Münster“. Wie kamen Sie auf die Idee zu dem Buch?

Jörg M. Fegert (JMF): Die Idee kam aufgrund einer Anfrage der Prälatin für Oberschwaben und Ostalb Gabriele Wulz, die als Dienstälteste der vier Prälaten der württembergischen evangelischen Landeskirche auch Stellvertreterin des Landesbischofs ist und dem damaligen Dekan und heutigen Landesbischof Gohl zum St. Michaelistag einen Vortrag im Ulmer Münster zu halten, aus meiner fachlichen Perspektive als Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeut sowie Traumaforscher. Dabei ging es um die sechs Meter hohe Figur des Erzengels Michael mit einem Flammenschwert, der als Teil eines Kriegerdenkmals 1934 im Ulmer Münster installiert wurde. Die Figur ist seit Jahren umstritten. Nach langen Auseinandersetzungen in der Stadt Ulm sowie der Kirchengemeinde, ob man die Figur entfernen sollte und sich somit auch ihrer Geschichte entledigen könnte, wurde entschieden, dass die Figur im Münster verbleibt, aber jedes Jahr zum Michaelistag ein Vortrag dazu stattfindet.

Da die Figur ein Kriegerdenkmal für die Gefallenen und Verwundeten des 1. Weltkriegs ist, ergab sich ein primärer Bezug zum Thema Trauma über die sog. „Kriegszitterer“ im ersten Weltkrieg. (Anmerkung: Als „Kriegszitterer“ wurden im deutschsprachigen Raum im Ersten Weltkrieg und auch danach Soldaten bezeichnet, die durch die Teilnahme am Krieg eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt hatten. Die posttraumatische Belastungsstörung zeigte sich unter anderem durch ein starkes Zittern.) Beim Recherchieren wurde deutlich, wie sich die Einstellung zu den Kriegsversehrten im Laufe der Zeit gewandelt hatte. In der Weimarer Republik gab es noch ein soziales Unterstützungsrecht, das auf Teilhabe bzw. Wiedereingliederung der Kriegsversehrten in ihren Zivilberuf ausgerichtet war, wie heute auch unser soziales Entschädigungsrecht. Die Nationalsozialisten hatten dies dann rückgängig gemacht und entschädigten umso besser, je höher der militärische Rang des Verletzten war. Es ist natürlich ein erheblicher Unterschied, ob ich Teilhabe fördere oder sage, der Arm eines einfachen Soldaten ist weniger wert als der eines Offiziers … Psychisch Belasteten wurden schließlich auch ihre Renten weggenommen, um körperlich Verletzten mehr zu geben.

Schon im ersten Weltkrieg wurden die traumatisierten Soldaten nicht ernst genommen. Es wurde argumentiert, dass diese vorher schon schwach, vielleicht psychisch labil gewesen seien und nur deshalb zu „Zitterern“ wurden und daher keine Ansprüche gegen den Staat hätten. In der Traumaforschung ist es fast eine Experimentalsituation, wenn ich in einem Schützengrabe stehe, also weder angreifen noch wegrennen kann, d.h. die normalen Reflexe auf Bedrohung nicht möglich sind, sondern neben mir jemand stirbt und ich nichts machen kann. Eine Situation, die das höchste Potential hat Traumafolgestörungen nach sich zu ziehen. Erst mit der neuen Reform des sozialen Entschädigungsrechts wird das Schocktrauma nun 2024 in Deutschland anerkannt werden. Nach dem Anschlag am Breitscheidplatz in Berlin 2016 wurde endlich darüber nachgedacht, was mit denen passiert, die nicht angefahren wurden, aber direkt daneben standen und auch massiv beeinträchtigt wurden.
Das war also der Ausgangspunkt des Vortrags. Als zweites Zeitfenster habe ich mir den Umgang der psychiatrischen Gutachter mit den KZ-Opfern in Deutschland gewählt. Hier findet man die gleiche Rhetorik: die Opfer wurden als bereits psychisch instabil dargestellt und somit wurden die psychischen Folgen in Frage gestellt. Beim Vortrag wurde mir bewusst, dass sich Ohren und der Blick der Zuhörenden öffnete, wenn man sich verdeutlicht, wie wir damals mit den Kriegsopfern und KZ-Überlebenden umgegangen sind und dass das Misstrauen gegenüber Opfern bis heute anhält. Ich bin kein Historiker, aber aus der Entfernung wird einem die epistemische Ungerechtigkeit bewusst – ein schwieriger Begriff, der aber in der Rassismus- als auch Gender-Debatte der letzten Jahre eine große Bedeutung gewonnen hat – also die Ungerechtigkeit, dass man der Aussage von Menschen, die einer bestimmten Gruppe zugehören, die man missachtet, weniger zutraut, weniger Gewicht gibt und deshalb eine ganze Gruppe ungerecht behandelt. Meine Konsequenz daraus war, zu empfehlen, die Figur nicht zu entfernen, sondern als Mahnung zu nehmen und als Anlass zu schauen, wie wir heute mit solchen Gerechtigkeitsfragen umgehen.

Als das Buch fertig war, begann der Ukraine Krieg. Ich habe mich gefragt, ob man das so überhaupt noch drucken kann. Und habe dann zumindest im Vorwort deutlich gemacht, dass ich das Buch aus einer Perspektive verfasst hatte, in der ein erneuter Krieg in Europa nicht vorstellbar schien. Dass wir Wochen später flüchtende Menschen aus der Ukraine hier hatten und das alles auf eine andere Weise hochaktuell war, war mir beim Schreiben des Buches nicht klar – umso wichtiger ist aber die Thematik heute.

Frage: Was war die für Sie überraschende oder neue Erkenntnis, zu der Sie im Laufe Ihrer Recherche gekommen sind?

JMF: Ich wusste ungefähr, wie unser Opferentschädigungsrecht aus der Kriegsversehrtenversorgung entstanden ist. Aber sich das nochmal genauer anzuschauen, vor allem die Haltung, die damit verbunden ist, war erhellend. Es geht um Rechtsansprüche, die den Betroffenen guttun sollen, aber letztlich müssen sie gegen zahllose Widerstände um die Unterstützung und Anerkennung ringen. Auch die Untersuchung der Rolle der Gutachterinnen und Gutachter brachte neue Erkenntnisse. Und die Frage stellte sich mir, wie gerecht oder ungerecht diese Verfahren zur Anerkennung von Leid sind. Was muten wir Betroffenen zu, wenn sie komplexe Formulare ausfüllen müssen und welche Botschaft geben wir damit. Viele Betroffenen fühlen sich auch heute nicht richtig gesehen und verstanden und vermissen eben genau diese Anerkennung. Manchmal führt der Versuch, solche Verfahren möglichst formal gerecht zu gestalten, gerade im Formalismus des Verwaltungsakts dazu, dass Betroffene gekränkt und eben nicht anerkannt aus den Verfahren hervorgehen.

Frage: Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür, die es immer noch so schwer machen, diese Anerkennung in Deutschland zu erreichen?

JMF: Es gibt wohl die Angst oder Fantasie von einem Menschen, der sich Leistungen erschleichen will. Die Grundunterstellung, das sind welche, die ohnehin Versager sind, die sich eine Rente erschleichen zieht sich wie ein roter Faden durch. So ist man den „Kriegszitterern“, und auch den KZ-Opfern begegnet. Psychiatrisch wurde seinerzeit versucht zu beweisen, dass der Mensch bereits vor dem traumatisierenden Ereignis psychisch fragil war, um diese Vorbelastungen dann sozusagen „abzuziehen“ von dem Leid, welches ihnen angetan wurde. Zum Teil kam es da zu abstrusen Argumentationen. Und im derzeitigen sozialen Entschädigungsrecht ist es, bis die Reform 2024 durch ist, tatsächlich noch so, dass vorbestehende Belastungen subtrahiert werden müssen. Oder auch, dass Vernachlässigung nicht als Gewalt angesehen wurde, sondern nur körperliche Gewalt.

Gerade als Experte und Gutachter finde ich das ein sehr wichtiges Thema, mit dem wir uns auseinander setzen müssen, wenn wir in dem Bereich zuarbeiten, um vielleicht manchem Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen zu können, aber auch in einem System mitwirken, das manchmal mehr Schaden anrichtet als Nutzen. Ich glaube, es braucht auch eine andere Haltung. Ich finde den Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ im Strafrecht völlig richtig, weil es eine Katastrophe wäre, wenn jemand zu Unrecht verurteilt würde. Aber bei Rechtsansprüchen „Im Zweifel für den Staat“ und gegen die Betroffenen zu entscheiden, wenn diese Zusammenhänge nicht zu 100% belegen können, ist falsch. Wir sehen zurzeit wie ukrainische Geflüchtete teilweise ihre Dokumente nicht dabei haben – verständlicherweise. Der Zweifelsgrundsatz ist hier unangemessen. Es geht um Anerkennung und eine Plausibilitätsfeststellung – also eine relative Feststellung.

Frage: Welche Konsequenzen ziehen Sie und welche Forderungen stellen Sie mit dem Buch?

JMF: Die Konsequenz ist zuerst einmal das Eingeständnis, dass wir Gerechtigkeit und Anerkennung wahrscheinlich nie optimal erreichen werden. In diesem Zusammenhang hat mich Pater Klaus Mertes (SJ), der 2010 durch sein Ernstnehmen der Betroffenen sexuellen Missbrauchs, aus der von ihm damals geleiteten Schule, dem Berliner Canisius Kolleg, mit dazu beigetragen hat, dass die Öffentlichkeit und die Politik der Problematik des sexuellen Missbrauchs mehr Beachtung geschenkt hatten, hat mich auf Augustinus hingewiesen, der davon ausgeht, dass es nur Gott gelingen könne, Barmherzigkeit und Recht zu vereinen. Wenn in solchen Verfahren barmherziger vorgegangen wird, wird man rechtlich vielleicht angreifbar, aber wenn man formal rechtlich agiert, verlieren die Verfahren ihre Barmherzigkeit.

Meine Forderung ist, zuerst zu überlegen, worum es bei sozialer Entschädigung geht: nämlich vor allem um die Menschenwürde und um die Ermöglichung von Teilhabe, was wiederum der ganzen Gesellschaft nützt. Es geht nicht primär um die Abwehr von Ansprüchen. Die Forderung ist damit entsprechend umzugehen, dass solche Verfahren auch die Würde der Personen beachten.

Eine persönliche, banale Geschichte: Als ich zu Beginn der Corona Pandemie nicht zu meiner Frau in die Schweiz durfte, habe ich sowohl an die deutsche Regierung geschrieben und in der Schweiz eine Petition an den Bund gerichtet. In Deutschland habe ich nie eine Antwort bekommen. Der Bund in der Schweiz hat hingegen innerhalb von vier Tagen eine Eingangsbestätigung geschickt, hat mir eine Person genannt, die mein Verfahren begleitet und bei der ich mich nach dem Stand erkundigen konnte. Diese hat mir unaufgefordert über den Verfahrensstand Auskunft gegeben. Und als endlich die Rechtsverordnung geändert wurde, wurde mir als Petent bereits am Morgen mitgeteilt, dass Ehepartner und auch Eltern wieder zu ihren Partnern bzw. Kindern in einem anderen Land durften. Sie konnten das Problem natürlich auch nicht gleich lösen, das dauerte 2-3 Wochen, aber dass ich rechtliches Gehör bekommen habe und als Subjekt behandelt wurde, mir unaufgefordert Auskunft gegeben wurde, in einer Situation, wo man sich nur an diesem Zaun sehen konnte, was ja entwürdigend ist, hat mir in der wahrgenommenen Menschenwürde und in dem ernstgenommen werden gut getan.

Nun war das eine kurze punktuelle Belastung. Wie geht es wohl Betroffenen, die Anträge stellen und an Verantwortungsträger schreiben und nie oder sehr spät eine Antwort bekommen?

Meine Forderung ist, neben den Dingen, die gesetzliche Reformen erfordern, einfach der menschliche Umgang in der Verwaltung. Der Fonds Sexueller Missbrauch hatte teilweise Jahre Verspätung in der Fallbearbeitung. Das ist unzumutbar. Wir können, wenn wir über Anerkennung reden, nicht Verfahren haben, die so demütigend sind. Wo der Bittsteller sich zitternd an die Behörde wendet, und dann wochen-, monate-, jahrelang nichts passiert. Unterm Strich sind die Verfahren dann wahrscheinlich formal ordentlich geführt worden, aber was die Menschen durch das Verfahren durchmachen müssen, was es bedeutet, dass sich jemand aufrafft, so einen Antrag zu stellen – ich denke, da können wir als Gesellschaft enorm umdenken und respektvoller mit den Betroffenen umgehen.

Frage: An wen richtet sich das Buch bzw. welche Leser:innen wünschen Sie sich?

JMF: Ich wünsche mir natürlich Entscheidungsträger:innen. Ich habe mir beim Vortrag die Repräsentanten der evangelischen Kirche vorgestellt, die im Vergleich zur katholischen Kirche, die hier bereits viel lernen musste, vielleicht noch hartleibiger sind. Die z.B. unterscheiden, wenn Missbrauch im evangelischen Pfarrhaus stattfand, ob dass der Pfarrer als Vater oder als Privatmensch gemacht hat oder als Gemeindevertreter.

Aber ich wünsche mir natürlich alle interessierten Menschen und habe mich deshalb auch bemüht, das Buch allgemeinverständlich zu schreiben. Ich habe es mittlerweile auch schon vielen Betroffenen, die ich kenne, geschenkt und sehr viel positive Rückmeldungen bekommen.

Die Münstergemeinde in Ulm und die Prälatin Frau Wulz haben mich eingeladen, am 26. Februar 2023 das Buch im Münster nach dem Sonntagsgottesdienst vorzustellen. Ich wünsche mir auch, dass Personen, die Gutachten erstellen, sich nochmal überlegen, für wen sie diese Gutachten schreiben und ob sie uns als staatlicher Gemeinschaft wirklich einen Nutzen erweisen, wenn sie den Staat vermeintlich vor Kosten schützen, indem sie die Situationen besonders skeptisch bewerten.

Frage: Haben Sie einen Rat für Betroffene?

JMF: Sich nicht unterkriegen zu lassen. Ich kenne manche Betroffene, die sich nicht mehr weiter zumuten wollen, gegen Windmühlen zu kämpfen und sich damit abfinden, nie die gewünschte Anerkennung zu erhalten. Davor habe ich hohen Respekt und kann es auch verstehen. Dennoch denke ich, dass 2024 mit der neuen Gesetzeslage ein Fenster aufgeht und man kann dann glaube ich auch nochmal überprüfen lassen, ob frühere Entscheidungen richtig waren oder ob unter dem heutigen Licht betrachtet, nicht noch andere Belastungen stärker beachtet werden müssen. Ich würde Betroffene ermutigen, auf dem rechtlichen Instanzenweg nicht locker zu lassen. Neue rechtliche Rahmenbedingungen, wenn sie kommen zu nutzen und wo immer es geht, erhobenen Hauptes auch darüber zu sprechen, wie mit ihnen umgegangen wurde. Es gibt sicher viele in der Verwaltung, in ärztlichen und psychologischen Berufen, die wohlmeinend sind und die einfach diesen Spiegel aus Erfahrungen von den Betroffenen vorgehalten brauchen. Auch wenn jemand meint, mit einem Verfahren gescheitert zu sein, ist der Bericht darüber etwas sehr Wichtiges. Mich schreiben immer wieder Menschen an und sagen, dass sie anerkennen, dass ich mich für sie eingesetzt habe, aber dass es außer viel Aufwand und Leid nichts gebracht hat. Ich lese diese Schreiben und versuche zu antworten. Gerade heute Morgen hatte ich ein solches Schreiben vorliegen – es sind schon sehr viele, die das auch persönlich nochmal deutlich machen wollen. Es ist mir ein Anliegen, mit diesem Buch auch deutlich zu machen, dass es in dieser Gesellschaft Menschen gibt, die dafür ein Ohr haben und dass sich etwas verändert. Nur bräuchten wir eben noch viel mehr, was sich ändert. Vielleicht ist das Ziel zu optimalen Verfahren zu kommen auch unrealistisch, weil es immer den Konflikt zwischen gerecht und barmherzig in sich trägt.

Frage: Was wäre ein Ratschlag von Ihnen für die Nicht-Betroffenen, für jeden Einzelnen von uns im Umgang mit Betroffenen?

JMF: Ernstnehmen, zuhören. Es war für mich sehr lehrreich zu sehen, auf welchen immer wieder erfolgreichen Nährboden solche Vorstellungen treffen. Wenn man sieht wie schnell in der Nazizeit auf solche Überzeugungen von Minderwertigkeit, „die waren eh schon kaputt“ oder „ein richtiger Mann, dem macht der Krieg nichts aus“ usw. reingefallen ist. Dann ist man sehr nah an der Forschung von Adorno und Horkheimer der 20er und frühen 30er Jahren, die im Autoritarismus eine riesige Gefahr sahen und bereits aufzeigten, was in Deutschland kommen wird.

Wenn wir heute mit den Kollegen aus Leipzig gemeinsam Repräsentativbefragungen durchführen, dann sehen wir, wie hoch die Akzeptanz solcher autoritären Vorstellungen, aber auch Antisemitismus, Minderwertigkeit von Schwachen, Verachtung von Frauen als Führungspersonen im Staat usw. ist, wie stark verbreitet vor allem bei einer Gruppe von Männern in Deutschland diese Vorstellungen immer noch sind. Das macht mir manchmal Angst. Deshalb ist der Rat an die Nicht-Betroffenen, die das lesen, dies im Bewusstsein zu behalten. Aus Bertold Brecht’s Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ stammt das Zitat „Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“.

Wir haben nach wie vor gerade bei einer Untergruppe von Männern eine große Bereitschaft, solche Einstellungen zu fördern, wie z.B. Sozialansprüche Geflüchteter abzuwehren, aus der Angst selbst deklassiert zu werden. Wir müssen in den Krisen, die wir gerade haben aufpassen, dass wir genau an diesen Punkten nicht das verlieren, was unsere freien Gesellschaften auszeichnet, nämlich, dass die Menschenwürde zentral ist und dass die ersten Artikel im Grundgesetz für alle Menschen gelten.

Frage: Sie engagieren sich bereits seit Jahren in diesem Bereich – was ist dabei Ihre größte Motivation?

JMF: Es sind zwei Motivationen: die eine Seite ist, dass sich doch etwas verändert und dass man im Einzelfall vielen Kindern, vielen Familien und vielen Menschen helfen kann. Dass man mittlerweile als Gesellschaft weiß, dass diese Erfahrungen belastend sind und dass wir als Gesamtgesellschaft auch eine Verantwortung haben, wie es im Artikel 6 des Grundgesetzes steht. Dass es zwar das Privileg oder auch die Verpflichtung der Eltern ist für Kinder zu sorgen, aber dass die Gesamtgesellschaft darüber wacht. Die Motivation ist Ungerechtigkeiten, auch epistemische Ungerechtigkeit, aufzudecken. Vielleicht ist der Quell dieser Motivation, dass es mir im Leben gut gegangen ist und ich meistens Glück hatte. Ich aber von vielen weiß, denen es anders gegangen ist – das bringt alleine der Beruf mit sich. Deshalb nutze ich die Möglichkeiten, die ich habe, „Advocacy“ für Menschen zu machen, die sich zum Teil auch weniger wehren können. Was ich dazu täglich zurückbekomme, tut mir wiederum gut und treibt mich auch weiter an.

Vielen Dank für das Gespräch!

Buchbesprechung: Basina Kloos und Klaus Doppler (Hg.): „Zukunftsfähig führen im Gesundheits- und Sozialwesen. Kompetent, menschlich, wirtschaftlich“, Lambertus 2022
Preis: 27,00 € (Taschenbuch) ebook 21,99 €

Management- und Führungsbücher gibt es wie Sand am Meer, meistens sind sie aus der Perspektive von produzierenden Industrieunternehmen geschrieben. Die heutige Zeit fordert zahlreiche Neuaufstellungen und Veränderungen. Niemand ist mit dem Begriff „Change Management“ in Deutschland stärker verbunden als Klaus Doppler, der mit seinem Buch „Change Management – Den Unternehmenswandel gestalten“ einen Klassiker zur Steuerung von Veränderungsprozessen in Unternehmen und Organisationen vorgelegt hat.

Für eine neue Publikation hat er sich mit der Franziskanerin Sr. Basina Kloos zusammengetan. Die ehemalige Krankenschwester, Lehrerin und Klinikleiterin war von 1988-1994 und 2000-2012 Generaloberin ihres Ordens. Danach war sie als Geschäftsführerin der Marienhaus Gesundheits- und Sozialholding GmbH tätig. Bemerkenswert war 2010 ihr Buch „Kann man Nächstenliebe managen?“.

Diese beiden Herausgeber:innen haben elf Persönlichkeiten aus dem Gesundheits- und Sozialwesen gebeten, ihre Perspektive auf Führungsverantwortung und Menschlichkeit darzustellen. Hinzu kommen ein Interview und ein Gruppeninterview. Ganz besonders wird das Buch dadurch, dass es durch das Vorwort und Nachwort einer Betroffenen gerahmt wird.

Schon in der Einleitung macht Sr. Basina ihr Credo deutlich: „Ohne Wirtschaftlichkeit werden wir es nicht durchhalten, ohne Menschlichkeit werden wir es nicht aushalten“.

Eben eine der Stärken dieses Buches ist es, dass es keine Zauberformel für die Führung im sozialen Bereich bietet, sondern auch das Scheitern, die große Wut und Resignation der „Geführten“ in der Pflege und anderen sozialen Berufen zur Sprache kommt. Aus ihrer Erfahrung als verantwortliche Generaloberin schildert Sr. Basina, wie ihr schon in vielen Einstellungsgesprächen deutlich wurde, dass die meisten Bewerber:innen „keine wirkliche Reflexion über ihr Führungsverständnis kennen und deshalb nicht darauf gefasst waren, danach gefragt zu werden. Mein Verständnis von Führung setzt die Bereitschaft für eine dienende Haltung voraus, die von Innen kommt. Ich habe oft Unverständnis, Widerstand und ein unkommentiertes Lächeln erfahren für diese Definition von Führung.“ Sie beschreibt die Notwendigkeit der Irritation in Organisationen für eine Neubesinnung und zitiert Klaus Doppler „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit!“. Deshalb hinterfragten sie bei einem großen sozialen Träger gerade das „Harmoniemodell“ in der Führung, in der Konflikte in Geschäftsführung und Verwaltung vermieden wurden, weil man sich ja so gut verstand.

Im Rückblick kommt sie zu dem Fazit: „In der Alten- und Jugendhilfe gibt es in manchen Trägerorganisationen verworrene, nicht transparente, aufgeblähte Strukturen, die eingebunden Personen oft das Leben schwer machen. Wenn ein Träger mehrere Altenheime hat und eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung diese trägt, gehört möglichst ein:e Geschäftsführer:in an die Spitze mit Feld- und Managementkompetenz. Alles andere, wie Prokurist:in oder Bereichsleiter:in der bzw. die irgendjemand gegenüber berichten muss, der/die die Logik der Sparte nicht versteht, ist eine geplante Folgenlosigkeit.“

Es ist diese hier kritisierte Missachtung des Inhalts, des eigentlich Wesentlichen und die Betonung von Management als scheinbar generell übertragbarer Kompetenz, die auch mich seit vielen Jahren irritiert und die mich in diesem Buch angesprochen hat. Ich habe mich vor vielen Jahren, nach einer Erfahrung in der diakonischen Akademie in Berlin entschieden nicht mehr in den kirchlichen Akademien zu referieren, da dort Referent:innen aus dem Managementbereich völlig anders bezahlt und behandelt werden als Personen, die Inhalte z.B. für Fachkräfte der Jugendhilfe referieren. Im Gespräch mit einigen Referent:innen aus dem Sozialmanagementbereich musste ich dann feststellen, dass dies oft nicht gerade die erfolgreichsten Unternehmer:innen gewesen waren, bevor sie zu Berater:innen und Dozent:innen wurden. Gleichzeitig leite ich mit meiner Klinik und den Forschungsgruppen „einen schwäbischen Mittelbetrieb“ seit Jahren durchaus erfolgreich, gerade weil wir uns immer auf die Inhalte und die immer wieder neuen Herausforderungen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und ihren Familien konzentriert haben.

Klaus Doppler stellt in seinem Beitrag das Handeln erfolgreicher Institutionen in den Mittelpunkt. Deutlich kritisiert er die allgemeine Betroffenheit über Arbeitsbedingungen, Gewinnmaximierung von Krankenhäusern und Heimen, die Digitalisierungskritik, das Klagen über die Corona-Belastungen und das Suchen nach Zusammenhängen in langwierigen Analysen. Sein Credo: „Ich kann nur durch handeln lernen, eben: schwimmen lernt man durch schwimmen – und nicht durch lange Erklärungen zu den verschiedenen Techniken (…) Es gibt keine ausgereiften, bewährten Lösungen. Konsequenz: Ich muss einfach anfangen und Erfahrungen sammeln.“ Auch er fordert offene Auseinandersetzung, Kritik und Debatte und kritisiert eine Führungskultur nach dem „Harmoniemodell“ als „Harmoniediktatur“. Gerade das Offenlegen von Meinungsunterschieden und Interessensgegensätzen sei eine Voraussetzung für den gemeinsamen Erfolg.

In einem langen Beitrag beschreibt das Berliner gesundheitspolitische Urgestein Ellis Huber seine Sicht auf die Pandemie als Lehr- und Lernimpuls für innovative Entwicklungen, fordert Handlungsvertrauen und analysiert aus seiner Sicht die Massenpsychologie und Soziodynamik der Pandemie. Etwas selbstverliebt erinnert er sich an seine Rolle als „Rebell aus dem Hotzenwald“ und stilisiert die Ärztekammer Berlin zum Gesundheitsgewissen der Stadt. Gleichwohl sind seine Forderungen nach Demokratisierung statt Zentralisierung des Gesundheitswesens, gerade angesichts der in der Corona-Pandemie erlebten Zentralisierung von Gesundheitsentscheidungen, hoch aktuell und relevant.

Karin Majewski schildert ihren Wertehorizont mit Blick auf ihr Engagement im paritätischen Wohlfahrtsverband und Gabriele Stark-Angermeier beschreibt in diesem Buch Entscheidungsleistungs- und Ergebnisverantwortung in einem bayerischen Caritasverband. Dietmar Prexl ergänzt dies aus der Sicht der Diakonie Stetten unter dem Titel „Führen in Zeiten radikaler Veränderung“.

Sehr interessant ist der Beitrag von Johanna Mösch, die darauf hinweist, dass Verantwortung eine wichtige Kategorie, eben nicht nur auf der Führungsebene in sozialen Unternehmen darstellt. Der Generalvikar des Bistums Essen, Klaus Pfeffer, stellt seine Rolle und sein Führungsverständnis ebenso dar, wie Irmgard Stippler ihren Blick auf eine Krankenkasse aus der Leitungsperspektive. Stefanie Conrad nimmt einen Wechsel zu einem anderen Träger als Chance für die Reflexion und einen Rückblick.

Nach interessanten Interviewbeiträgen beschreiben die Herausgeber:innen ihre Eindrücke aus dem Kompendium folgendermaßen: „Alle, sowohl die Betroffenen, wie auch verantwortliche Führungskräfte, haben ausdrückliche bis drastische Erwartungen und Vorstellungen, was alles anders ein müsste. Wie es tatsächlich ist und wie es sich auswirkt, wird auch klar geschildert. Die persönliche Möglichkeit, zu handeln, wird unterschiedlich dargestellt: Klare Aussagen kommen von denen, die keine Möglichkeit haben, den eigentlich versprochenen Zusagen gerecht zu werden, und von denen, die das Unternehmen aus Frust verlassen haben oder verlassen werden. Mehr oder weniger verschleierte Aussagen kommen von denen, die sich trotz aller Mängel weiter engagieren wollen. Sie verhalten sich daher politisch. Denn sie wissen nie genau, wie viel Transparenz ist überhaupt erlaubt und selbst wenn erlaubt, ist sie wirklich gewünscht?“.

Diese Zusammenfassung hat mir nach der rückblickenden Lektüre noch einmal die Augen geöffnet, denn manche Beiträge haben mich eher irritiert oder geärgert als weitergebracht. Gerade in der Übernahme auch der Betroffenenperspektive und dem zu Wort kommen lassen von engagierten Führungskräften, zeigt das Buch Herausforderungen und Dilemmata der Führung in Gesundheits-, Sozialwesen und Jugendhilfe auf und ist deshalb den Leser:innen des „Dazugehören Newsletters“ sehr zu empfehlen.

„Ist das okay?“

Sexualisierte Gewalt an Kindern macht oft sprachlos. Doch wie spricht man mit Kindern darüber? Und wie schützt man sie möglichst wirksam? Prävention gelingt am besten, wenn sie unaufgeregt, in den Alltag eingebettet und regelmäßig geschieht. Agota Lavoyer , Expertin zum Thema sexualisierte Gewalt, und die Illustratorin Anna-Lina Balke bereiten in diesem Kinderfachbuch das Thema anhand von vertrauten Szenen und passenden Fragen altersgerecht auf. So können Bezugspersonen mit Kindern ins Gespräch kommen und in verschiedenen Situationen gemeinsam prüfen: Ist das okay? Oder ist das Gewalt?
Leser:innen aller Altersstufen erhalten zudem umfassende Informationen über sexualisierte Gewalt sowie einen kurzen Überblick über Interventionsmaßnahmen.
Das Buch soll Kindern helfen, grenzverletzendes Verhalten zu erkennen und offenzulegen. Es soll Erwachsene darin unterstützen, Verantwortung für den Schutz von Kindern zu übernehmen und dem tabuisierten Thema mit mehr Stärke und Sicherheit begegnen zu können.
Das Buch erschien im Juni im Mabuse-Verlag.

Quelle: www.mabuse-buchversand.de

Hand, Fuß, Mund – Expert #Podcast

Schon seit 2020 gestalten Dr. Nibras Naami und PD Dr. Florian Babor, Kinder- und Jugendärzte aus Düsseldorf, den Podcast „Hand, Fuß, Mund“. Darin wollen sie (nicht nur) Eltern Themen aus der Kinder- & Jugendmedizin näherbringen. Seit August gibt es einen „Expert # Podcast“, der sich in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) mit pädiatrischen Leitlinien befasst. Damit wollen Naami und Babor auch ihre Fachkolleg:innen ansprechen, ihnen neue Leitlinien vorstellen, deren Hauptzüge erläutern und Fachliches erklären.

Den Auftakt macht der Beitrag Rückenschmerz bei Kindern und Jugendlichenmit Prof. Dr. Tim Niehues und Prof. Dr. Michael Frosch.

Die Oper „Madame Butterfly“  und die Traumaforschung?

Jörg M. Fegert

Madame Butterfly – Handlung
Auch bekannt als Madama Butterfly (siehe Aufführung in Graz und Pforzheim). Die Oper spielt bei Nagasaki um das Jahr 1900. Der amerikanische Marineoffizier Pinkerton heiratet die 15jährige Geisha Cio-Cio-San, genannt Butterfly. Eine Ehe, die jederzeit beendet werden kann. Pinkerton verlässt Butterfly kurz nach der Hochzeit, verspricht aber bald wiederzukommen. Butterfly bekommt ein Kind von Pinkerton. Drei Jahre später kehrt Pinkerton mit seiner amerikanischen Frau Kate zurück. Sie wollen das Kind mitnehmen, um ihm in Amerika eine gesicherte Zukunft zu bieten. Als Butterfly, die bis dahin an eine gemeinsame Zukunft mit Pinkerton geglaubt hat, von dem Plan erfährt, entscheidet sie sich für Suizid mit dem Dolch, mit dem ihr Vater einst „Seppuku“ begang (ein ritualisierter Akt des Suizids, durch den die Ehre der Familie wiederhergestellt werden konnte). Als sie sich den Dolch an die Kehle setzt, kommt ihr Sohn dazu. Nachdem sie ihn umarmt und küsst, verbindet sie ihm die Augen und tritt hinter einen Wandschirm. Nachdem sie zugestoßen hat, schleppt sie sich zu ihrem Kind, wo sie sterbend von Pinkerton gefunden wird.

Nach der jahrelangen klinischen, wissenschaftlichen und fachpolitischen Beschäftigung mit den Folgen belastender Kindheitsereignisse ist es mir ein Anliegen, auch in anderen Kontexten für diese Fragestellung zu sensibilisieren. Denn die Anerkennung psychischer Traumfolgen ist beileibe auch heute in unserer Gesellschaft noch kein unproblematisches Thema, und viele Betroffene ringen um Gerechtigkeit (siehe auch Interview mit Jörg M. Fegert zu „Anerkennung psychischer Traumafolgen“). Die Anfrage der zuständigen Dramaturgin des Pforzheimer Theaters, Inken Meents, in Vorbereitung der Premiere von Madama Butterfly in diesem Herbst kam für mich überraschend. Ich wurde gebeten, für das Programmheft einen Beitrag zu schreiben, der sich mit dem möglichen Überleben der Titelheldin und ihrer Möglichkeiten zur Bewältigung ihrer Traumata auseinandersetzten sollte. Mich faszinierte der Ansatz, weil er mir als Kliniker und Psychotherapeut Gelegenheit gibt, einmal nicht nur über Belastungen und negative Folgen nachzudenken, sondern auch das Thema Bewältigung aufzugreifen.

Ich konnte mir, während ich an dem Beitrag arbeitete, noch zwei weitere Inszenierungen des Werkes anschauen – einmal eine Aufführung mit dem klassischen Verlauf, wie er auch im Kasten oben beschrieben ist, in Bregenz und eine Aufführung in Graz, wo der Fokus auf dem Sohn der Madame Butterfly und den Folgen des Selbstmordes seiner Mutter für ihn lag.

So kurzfristig waren in Bregenz alle Karten ausverkauft, doch die Bregenzer Festspiele ermöglichten mir freundlicherweise den Besuch einer Vorstellung. Als ich in Begleitung von Frau Juniorprofessorin Miriam Rassenhofer, die an meiner Klinik zum Thema Trauma forscht, in Bregenz ankam, war die Welt noch in Ordnung, und das beeindruckende Bühnenbild von Michael Levine aus einem Blatt Japanpapier mit einigen Schriftzeichen lag im Abendlicht. Kurz vor der Aufführung kam dann aber ein so heftiges Gewitter auf, dass die Vorstellung nur für einen Teil des Publikums im Festspielhaus wiedergegeben werden konnte. Wir hatten das Glück, dass wir mit den Pressekarten zu diesem Teil des Publikums gehörten, und es war ein besonderes Erlebnis, das Orchester unter der souveränen und gleichzeitig subtil differenzierten Leitung von Enrique Mazzola zu sehen und zu hören. In den Kostümen von Antony McDonald spielten und sangen die Protagonisten nun auf einem wenige Meter breiten Streifen vor dem Orchester, im Hintergrund gab eine große Leinwand Stimmungen des Bühnenbilds in Photographien wieder, so dass man sich ungefähr vorstellen konnte, wie das Ganze auf der Seebühne hätte aussehen müssen. Musikalisch war die Aufführung hinreißend, gerade durch die intimere Nähe im Konzertsaal ein besonderes Erlebnis. Herausragend Celine Byrne in der Rolle der Madame Butterfly. An Andreas Homokis‘ Inszenierung faszinierte mich, wie sorgsam eindrücklich und doch wie nebenbei die Geschichte des Dolches, mit dem Madame Butterfly am Ende des Stückes sich umbringen wird, eingeführt und wieder aufgegriffen wurde. Die Inschrift auf dem Dolch „Ehrenvoll sterbe, wer nicht mehr in Ehren leben kann“, wirkt wie eine Festlegung auf ihr späteres Schicksal. Im ersten Akt schon informiert der Heiratsvermittler Goro flüsternd den Amerikaner Pinkerton, der die 15-jährige Geisha zusammen mit Haus und Hausstaat für eine „Ehe auf Zeit“ kauft, dass dieser Dolch „ein Geschenk von Mikado an ihren Vater … mit der Weisung“ war, und dann wird die Geste des rituellen Selbstmords nur noch in der Bewegung angedeutet. Entsetzt fragt Pinkerton: „Und ihr Vater?“ darauf Goro: „folgte der Weisung“. Madame Butterfly hat also selbst ihr Schicksal dem rituellen Selbstmord Seppuku zu verdanken, zu dem ihr Vater gezwungen wurde, um die Ehre der Familie nach einer Verfehlung oder einem Scheitern wiederherzustellen. Sie wächst mit der Last dieser Vorgeschichte auf und träumt sich in einer anderen Kultur eine gerechtere Welt, auch im Umgang mit Frauen. In ihrem phantasierten und idealisierten Amerika meint sie, würden Männer, welche ihre Frauen sitzen lassen, von einem Gericht verurteilt werden. Sie glaubt an die wahre Liebe und hofft darauf, dass eines Tages ein Schiff ihr den Geliebten zurückbringen wird. Bevor die Protagonistin sich im letzten Akt der Oper mit diesem Dolch umbringt, fordert sie ihren 3-jährigen Sohn noch einmal eindringlich auf, sich ihr Gesicht zu merken. Und zwar sagt sie ihrem Kind, welches sie abgöttisch liebt, er solle es nie erfahren: „Für Dich, für Deine reinen Augen stirbt Butterfly! Blicke mir fest ins Antlitz, ach, ins Antlitz Deiner Mutter, dass noch eine Spur Dir bleibe… Sieh mich an! Leb wohl, mein Herze! Leb wohl, mein einziges lieb! Geh spielen… spielen!“, dann heißt es in der Regieanweisung: „Sie nimmt das Kind, setzt es auf eine Matte, verbindet ihm leicht die Augen. In die Hände gibt sie ihm ein amerikanisches Fähnchen. […]“ Welche Hypothek, welche Belastung gibt sie damit diesem Kind mit ins Leben?

Aufgewühlt und fasziniert von dem Opernerlebnis in Bregenz hallte diese Frage in mir nach. Wenn wir in unserem Fach von frühen Kindheitsbelastungen sprechen, meinen wir in der Regel zehn typische Belastungen, wie sie Vincent Felitti beschrieben hat: Die fünf Formen der Kindesmisshandlung und Vernachlässigung sowie fünf sogenannte „Household Dysfunctions“.

Cluster 1: Misshandlung Cluster 2: Household Dysfunktion (Dysfunktionale Kontexte des Aufwachsens)
  •   Sexueller Missbrauch
  •  Körperliche Misshandlung
  •  Emotionale Misshandlung
  • Körperliche Vernachlässigung
  •   Emotionale Vernachlässigung
  •  Häusliche Gewalt
  • Drogenmissbrauch in der Familie
  • Psychische Erkrankung in der Familie
  • Trennung oder Scheidung der Eltern
  • Gefängnisaufenthalt eines Familienmitgliedes

In der Regel nicht erfasst werden das Erleben von Gewalt durch Geschwister oder Gleichaltrige sowie – was auch eine massive Kindheitsbelastung darstellt und fast schon ein Tabu ist – das Miterleben des Suizids eines Elternteils oder von Geschwistern. Gerade wenn mehrere Belastungen in der Kindheit zusammenkommen können psychische und physische Folgen kumulieren. In der Fachliteratur hat sich ein Cut-Off von 4 und mehr Belastungen in der Traumafolgenforschung eingebürgert und wir sehen in repräsentativen Stichproben (vgl. Witt et al. 2019) bei Personen, die vier und mehr solcher Belastungen erleiden mussten, im Erwachsenenalter nicht nur ein erhöhtes Risiko für psychische und körperliche Erkrankungen, sondern auch mehr verbale und körperliche aggressive Auseinandersetzungen im Alltag und andere soziale Probleme, insbesondere aber eine deutlich geringere Zufriedenheit mit dem eigenen Leben.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie hat vor einiger Zeit ein Papier zur Postvention nach Suizid  veröffentlicht (Becker et al., 2017). Der Tod eines Elternteils oder eines Geschwisterkindes durch Suizid ist eine schwere traumatische Belastung, die viele Menschen für ihr Leben prägt und nicht loslässt. Er kann in die Abkapselung und Isolation führen, in die Depression angesichts der erlebten Hilflosigkeit und in massive Teilhabebeeinträchtigung. Die Grazer Inszenierung spricht nun darüber, wie die Geschichte für dieses Kind hätte in Amerika weiterlaufen können, wenn es sich tatsächlich an seine Herkunft, an das Gesicht seiner wahren Mutter erinnert hätte. Der Kunstgriff des Regisseurs mit der Rückblende im Museum, stellt den Knaben und sein Aufwachsen mit dieser Belastung und die rückblickende Verarbeitung in den Mittelpunkt und erlaubt so eine völlig neue, nicht vom Exotismus geprägte Sicht auf die in Japan spielende Handlung.

In der Grazer Inszenierung kommt das leibliche Kind der Madama Butterfly mit seinem Vater und seiner amerikanischen Stiefmutter in ein Museum für japanische Kunst, und erinnert sich, angesichts der dort ausgestellten Gegenstände an seine Kindheit. Der Regisseur Floris Visser zeigt mit unglaublich präziser Personenführung, wie in einem Kammerspiel, die Operngeschichte in der Retrospektive. Dabei wird das Dilemma vieler Stief- und Adoptivmütter gezeigt, indem der junge Mann ganz ambivalent teils nach seinen Wurzeln suchend, die amerikanische Stiefmutter zurückweist, in Momenten tiefer Traurigkeit und Betroffenheit bei ihr aber, und nicht beim leiblichen Vater, Trost und Nähe findet. Aus der großartigen Grazer Ensembleleistung ragte die finnische Sopranistin Marjukka Tepponen heraus, die in Graz auch noch in dieser Saison in der Hauptrolle der Káťa Kabanová von Leoš Janáček zu hören sein wird.

Auch in Pforzheim ermöglicht die Inszenierung des neuen Intendanten Markus Hertel eine überraschend neue Sicht auf den Opernstoff. Könnte Madama Butterfly in letzter Minute überlebt haben? Eine erste Textfassung der Erzählvorlage des Librettos lässt das offen. Denkbar wäre dies, wenn ihre Kammerzofe, sie abgehalten hätte. Dann hätte sie einen Weg finden müssen, wie sie wieder an ihre Kultur, an ihre Herkunft hätte anknüpfen können, obwohl sie bewusst fast alle Brücken abgebrochen hatte. Wieder dazuzugehören, wieder einen Platz zu finden, das wäre eine große Herausforderung gewesen. Eine ältere Tänzerin in Geishakleidung (Silke Sterago) lenkt hier unsere Wahrnehmung auf die rückblickende Verarbeitung des belastenden Geschehens, der enttäuschten großen Hoffnung und Liebe und der Beschämung aus der Sicht der Retrospektive einer Überlebenden.

Während also in der Bregenzer Inszenierung ganz traditionell die dramatische Handlung selbst im Mittelpunkt steht, geht es in den beiden anderen Inszenierungen in Pforzheim und in Graz um die Erinnerung, um die Introspektion, um die Verarbeitung und damit um die lebensprägenden Folgen potentiell traumatisierender Ereignisse. Unser besseres Verständnis von Traumafolgen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, unser zunehmendes Wissen, um posttraumatisches Wachstum findet einen Niederschlag in aktuellen Regiearbeiten.

Vielleicht haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, ja auch Lust bekommen sich durch ein besonderes Opernerlebnis inspirieren zu lassen und vielleicht interessiert Sie auch mein Text für das Theaterprogramm in Pforzheim.

Die Inszenierungen in Pforzheim und Graz laufen noch in dieser Saison.

Theater Pforzheim

Theater Graz

Die Bregenzer Festspiele werden nächsten Sommer noch einmal Madame Butterfly aufführen. Und ich habe dann die Hoffnung, dass im nächsten Sommer das Wetter gnädiger sein wird und ich die Aufführung auf der Seebühne erleben kann.

Literatur

Becker, K., Adam, H., In-Albon, T., Kaess, M., Kapusta, N., Plener, P. & Für, D.L. 2017, „Assessment and therapy of suicidality in adolescence: the most important recommendations of the current guideline]“, Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, vol. 45, no. 6, pp. 485-497.

Witt, A., Sachser, C., Plener, P.L., Brähler, E. & Fegert, J.M. 2019, „Prävalenz und Folgen belastender Kindheitserlebnisse in der deutschen Bevölkerung“, Deutsches Ärzteblatt, vol. 116, no. 38, pp. 635-642.

Die Kinder von Lügde – Neue Dokumentation

In der Stadt Lügde in Nordrhein-Westfalen herrscht Fassungslosigkeit, als bekannt wird, dass im Ort seit Jahren zwei Männer an mindestens 32 Kindern sexualisierte Gewalt verübt haben sollen. Die Opfer: Kinder zwischen vier und 13 Jahren. Der Tatort: ein unscheinbarer Campingplatz im Ortsteil Elbrinxen von Lügde. Die Doku-Serie „Die Kinder von Lügde – Alle haben weggesehen“ versucht, in vier Folgen herauszufinden, wie es möglich war, dass so viele Menschen weggesehen haben: auf dem Campingplatz, im Ort, bei den Jugendämtern, bei der Polizei. Zu sehen in der ZDF Mediathek: Die Kinder von Lügde – Der Campingplatz-Animateur.

Projekte stellen sich vor

Expertise im lernenden Projekt „Familienorientierte Prävention häuslicher Gewalt“

„Die Schläge, die meine Mama bekam, spürte ich in meinem Bauch von einem hin und her Zerren … das machte mich traurig, und [ich] bekam Angst.“ (Amela, 12 Jahre; in *Strasser 2013)

 

„Die Schläge, die meine Mama bekam, spürte ich in meinem Bauch von einem hin und her Zerren … das machte mich traurig, und [ich] bekam Angst.“ (Amela, 12 Jahre; in *Strasser 2013)

Wenn in Familien Gewalt zwischen den Partner:innen ausgeübt wird, ist die gesamte Familie betroffen. Nicht selten hören Kinder Gewalt zwischen Eltern, müssen sie mit ansehen oder schreiten sogar ein. Dabei stellt häusliche Gewalt für die kindliche Entwicklung immer ein Risiko dar, unabhängig davon, ob Kinder Zeug*innen häuslicher Gewalt werden oder sich Gewalt auch direkt gegen sie richtet.

Während der Corona-Pandemie hat häusliche Gewalt zugenommen und psychosoziale Belastungen bei Kindern und Jugendlichen sind gestiegen. Meist fokussieren klassische Präventions- und Interventionsangebote allerdings als spezifische Zielgruppe Gewaltbetroffene oder Täter:innen. Um Gewalt in Familien jedoch nachhaltig zu reduzieren, ist es wichtig, die gesamte Familie in den Blick zu nehmen und ganz besonders die gesunde Entwicklung der Kinder zu fördern.

Gefördert durch und im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung hat sich das Projektteam der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm mit der Expertise im lernenden Projekt „Familienorientierte Prävention häuslicher Gewalt“ zum Ziel genommen, eine theoretisch und empirisch unterfütterte Grundlage für ein innovatives Präventionsprogramm zu erarbeiten. Dieses soll auf die unterschiedlichen Versorgungs- und Unterstützungsbedarfe aller Familienmitglieder eingehen. Anhand von Expert:innen-Interviews und -Fokusgruppen soll eruiert werden, wie ein solches Programm aussehen kann. Im Zentrum steht die Entwicklung von Handlungsempfehlungen für eine Strategie zur Prävention häuslicher Gewalt, die möglichst früh ansetzt, vernetzt und interdisziplinär gestaltet ist.

Das Projekt startete im Mai 2022 und hat eine Laufzeit von einem Jahr.

*Strasser, P. (2013):  „In meinem Bauch zitterte alles.“ Traumatisierung von Kindern durch Gewalt gegen die Mutter. In: Kavemann, B. & Kreyssig, U. (Hrsg.): Handbuch Kinder und häusliche Gewalt. Wiesbaden: Springer. S. 47-59.

Eine STARKe Seite geht online

Projekt „Streit und Trennung meistern: Alltagshilfe, Rat und Konfliktlösung“ (STARK): Eine Online-Plattform für Trennungsfamilien mit eigener Website für Kinder und Jugendliche

Projekt „Streit und Trennung meistern: Alltagshilfe, Rat und Konfliktlösung“ (STARK): Eine Online-Plattform für Trennungsfamilien mit eigener Website für Kinder und Jugendliche

Seit Kurzem ist die Webseite stark-familie.info online. Mit ihrem umfassenden Informations- und Beratungsangebot zielt die Online-Plattform darauf ab, Paare, Eltern sowie Kinder und Jugendliche bei der Bewältigung von Beziehungskrisen, Trennung und Scheidung zu unterstützen. Aufgegriffen werden viele verschiedene Themen rund um die Bereiche Partnerschaft und Beziehungsprobleme, rechtliche und finanzielle Folgen sowie psychologische Unterstützung für Eltern, Kinder und Jugendliche vor, während und nach einer Trennung/Scheidung.

Die Inhalte der Website entstanden im Rahmen des Forschungsprojekts STARK, welches von einem Konsortium aus Fachexpertinnen und Fachexperten aus den Bereichen Psychologie/Psychotherapie, Pädagogik, Familienrecht und Ökonomie, unter der Leitung der LMU München durchgeführt wird. Zusätzliche Unterstützung kommt von einem Fachbeirat sowie einem begleitenden beratenden Team aus betroffenen Kindern und Jugendlichen. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Die Projektgruppe der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie am Universitätsklinikum Ulm rund um Jun.-Prof. Dr. Miriam Rassenhofer hat im Rahmen des Konsortiums die Aufgabe einen STARKEN Webseitenauftritt für Kinder und Jugendliche im Alter von 11-17 Jahren zu entwickeln. Kinder sind von den Auswirkungen einer Trennung der Eltern mitbetroffen und benötigen in dieser besonderen Lebenssituation Hilfe und Stärkung. Im Bereich „Was hilft, wenn die Eltern sich trennen“ erhalten die Kinder und Jugendliche Unterstützung bei der Bewältigung der Trennung ihrer Eltern. Sie finden dort Informationen zu den Themen Trennung & Scheidung, zu ihren eigenen Rechten sowie ihren Möglichkeiten sich zu beteiligen sowie eigene Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Zudem bekommen sie Tipps und Tricks zum Umgang mit typischen Belastungen bei einer Trennung der Eltern, zu Konfliktlösung und Kommunikation. Der Informationswebsite wird auch bald ein umfassendes Online-Training folgen. Hier haben die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, die Inhalte weiter zu vertiefen, Strategien zu üben und weitere Unterstützungsmöglichkeiten zu erhalten.

Das Projektteam hofft, dass dieses kostenfreie, übersichtliche und alltagsnahe Angebot viele Familien zeitnah unterstützt, und freut sich auch auf Ihren Besuch auf der Website.

Onko-STEP: Neues Unterstützungsprogramm für ehemalige Krebspatient:innen Studienteilnehmer*innen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter gesucht

Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (UKU) hat in Kooperation mit der Abteilung für Medizinische Psychologie und … 

Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm (UKU) hat in Kooperation mit der Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie des Universitätsklinikums Leipzig ein webbasiertes Unterstützungsprogramm für ehemalige Krebspatient:innen im Jugend- und jungen Erwachsenenalter entwickelt. Um die Wirksamkeit des Programms zu untersuchen, wird aktuell eine Studie durchgeführt, für die noch Studienteilnehmer*innen gesucht werden.

Ziel des Programms Onko-STEP ist es, Betroffene bei der Verarbeitung der belastenden Erinnerungen an die Krebserkrankung zu unterstützen und Angstsymptome zu reduzieren. „Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass der psychosoziale Unterstützungsbedarf dieser Patientengruppe nicht adäquat gedeckt wird“, sagt Jun.-Prof. Dr. Miriam Rassenhofer, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin am UKU. „Daher ist es notwendig, psychoonkologische Versorgungskonzepte zu etablieren. Bislang liegen jedoch wenige evidenzbasierte Programme für die psychosoziale Versorgung dieser Personengruppe vor“, ergänzt Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie.

Diese Lücke soll mit dem Programm Onko-STEP und der begleitenden Studie geschlossen werden. Über einen Zeitraum von etwa 10 Wochen bearbeiten die Teilnehmer:innen wöchentlich eine Schreibaufgabe und werden dabei durch speziell geschulte Studientherapeut:innen individuell unterstützt und angeleitet. Das Unterstützungsprogramm wird auf einer gesicherten Onlineplattform durchgeführt und kann dadurch orts- und zeitunabhängig bearbeitet werden.

Teilnehmen können Personen zwischen 18 und 39 Jahren, die im Alter zwischen 15 und 39 Jahren an Krebs erkrankt sind. Weitere Informationen zur Voraussetzung der Teilnahme finden Sie auf der Projekthomepage. Das Projekt wird von der Deutschen Krebshilfe gefördert. Die klinische Studienleitung liegt bei Prof. Dr. Jörg Fegert und Jun.-Prof. Dr. Miriam Rassenhofer aus Ulm, die wissenschaftliche Studienleitung bei Prof. Dr. Anja Mehnert-Theuerkauf aus Leipzig.

Kontakt: Onko-STEP.kjp@uniklinik-ulm.de oder aya-projekt@medizin.uni-leipzig.de.

 

Die Medizinische Kinderschutzhotline
0800 19 210 00

Beratung in medizinischen Kinderschutzfragen für die öffentliche und freie Kinder- und Jugendhilfe

Beratung in medizinischen Kinderschutzfragen für die öffentliche und freie Kinder- und Jugendhilfe

Die Medizinische Kinderschutzhotline ist ein vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördertes telefonisches Beratungsangebot. Sie ist bundesweit, rund um die Uhr, kostenfrei unter 0800 19 210 00 erreichbar und richtet sich seit Januar 2021 auch an Fachkräfte der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe. Beraten werden die anrufenden Fachkräfte von geschulten und im medizinischen Kinderschutz erfahrenen Ärzt:innen aus der Kinder- und Jugendmedizin, der Rechtsmedizin und der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu allen medizinischen Fragen im Kinderschutz. Die Medizinische Kinderschutzhotline stellt damit bundesweit eine Ergänzung zur Beratung der insoweit erfahrenen Fachkräfte, insbesondere für medizinische Fragestellungen dar.

In der Beratung der Medizinischen Kinderschutzhotline kann es um die Einordnung und Erläuterung bestimmter Befunde oder Erkrankungen gehen. Es können aber auch Fragen wie beispielsweise, können medizinische Einrichtungen eine Einschätzung zu Verletzungen abgeben (Unfall vs. Misshandlung) und wenn ja, wo wende ich mich hin, welche Zeitfenster sind dabei zu beachten oder was können mögliche Folgen einer ausbleibenden Behandlung sein, geklärt werden.

Mit den jährlich ausgerichteten Fachtagen greift die Medizinische Kinderschutzhotline aktuelle Kinderschutzthemen auf und beleuchtet diese aus sozialpädagogischer, medizinischer und juristischer Sicht. Beim diesjährigen Online-Fachtag zum Thema emotionale Gewalt am 23.08.2022 konnten über 2800 Fachkräfte bundesweit erreicht werden, wobei die Kinder- und Jugendhilfe mit rund 62% die größte Gruppe der Teilnehmenden darstellte. Das große Interesse zeigt den Bedarf und die Wichtigkeit dieses Themas in der Praxis aller Zielgruppen der Medizinischen Kinderschutzhotline. Die Aufzeichnung und die Präsentationen zum Fachtag finden Sie ebenso wie die Unterlagen zu den Fachtagen der letzten Jahre auf der Homepage der Medizinischen Kinderschutzhotline. Dort können auch Arbeitsmaterialien zu unterschiedlichen Kinderschutzthemen (z.B. psychische Misshandlung, Schütteltrauma, sexueller Missbrauch, u.a.) heruntergeladen sowie bestellt werden.

Die Medizinische Kinderschutzhotline bietet eine rund um die Uhr erreichbare, niedrigschwellige Telefonberatung und somit medizinische Expertise für die Gefährdungseinschätzung für alle Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe.

Rufen Sie an – auch wenn Sie sich unsicher sind, ob Sie bei der Medizinischen Kinderschutzhotline richtig sind – die Berater:innen klären auch diese Frage gemeinsam mit Ihnen.

Filia.die Frauenstiftung

filia.die frauenstiftung fördert Projekte von und für Frauen und Mädchen, die strukturellen Wandel zum Ziel haben. Das Motto der Gemeinschaftsstiftung ist „Change, not Charity“…

filia.die frauenstiftung fördert Projekte von und für Frauen und Mädchen, die strukturellen Wandel zum Ziel haben. Das Motto der Gemeinschaftsstiftung ist „Change, not Charity“ – „Sozialer Wandel, nicht Wohlfahrt“. Deshalb werden vor allem Programme und Initiativen gefördert, die sich für die Freiheit von Gewalt einsetzen, gesellschaftliche Teilhabe fordern und demokratische Strukturen stärken – in Mittelosteuropa, im Globalen Süden und in Deutschland. 2021 konnte die Stiftung ihr 20-jähriges Bestehen feiern.

20 Jahre Lacrima

Vor 20 Jahren wurde Lacrima als Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche in München als Teil der Johanniter gegründet. Wenn Mutter oder Vater, die Schwester oder…

Vor 20 Jahren wurde Lacrima als Zentrum für trauernde Kinder und Jugendliche in München als Teil der Johanniter gegründet. Wenn Mutter oder Vater, die Schwester oder der Bruder sterben, ist das für Kinder und Jugendliche ein schwerer Schock. Die Welt ist aus den Angeln gerissen, das ganze Leben verändert sich für immer. Bei Lacrima finden sie einen geschützten, vertrauensvollen Raum, um mit ihrem Verlust umzugehen. Bei den Gruppentreffen alle 14 Tage werden sie einfühlsam, mit Achtsamkeit und Akzeptanz von geschulten Ehrenamtlichen begleitet. Sie erfahren, dass Trauer nicht schlimm, sondern natürlich und wichtig ist. Und sie erleben, dass es anderen Gleichaltrigen ähnlich geht. Mittlerweile gibt es Lacrima an verschiedenen Standorten in ganz Deutschland. Johanniter Lacrima auf Facebook

 

Das Projekt Kidkit

 

Das Projekt Kidkit bietet Kindern und Jugendlichen Informationen und Unterstützung durch Online-Beratung bei Sucht und psychischen Erkrankungen der Eltern, (sexualisierte) Gewalt in der Familie und Einsamkeit.

Das Projekt Kidkit bietet Kindern und Jugendlichen Informationen und Unterstützung durch Online-Beratung bei Sucht und psychischen Erkrankungen der Eltern, (sexualisierte) Gewalt in der Familie und Einsamkeit.

Das Berater:innen-Team besteht aus vier hauptamtlichen Mitarbeiter:innen und qualifizierten ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen, die seit Jahren in der Beratungspraxis Erfahrungen gesammelt haben. Die Mailberatung wird hauptsächlich von den ehrenamtlichen und die Chatberatung von den hauptamtlichen Kolleg:innen durchgeführt.

Kidkit ist ein Projekt der Drogenhilfe Köln und wird unter anderem vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell unterstützt.

Aus-, Fort- und Weiterbildung

Psychische Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine

Webinare für Haupt- & Ehrenamtliche in der Arbeit mit Geflüchteten
19.12.2022, 15:00-17:00 Uhr…

Psychische Unterstützung für Geflüchtete aus der Ukraine

Webinare für Haupt- & Ehrenamtliche in der Arbeit mit Geflüchteten
19.12.2022, 15:00-17:00 Uhr
16.01.2023, 15:00-17:00 Uhr
Weitere Termine für das Jahr 2023 werden noch bekanntgegeben.
Es geht um Fragen wie:

  • Wie kann mit Kindern über Krieg gesprochen werden?
  • Was sind altersentsprechende Traumareaktionen? Wie kann ich diese gut erkennen und entsprechende Hilfe anbieten?
  • Welche Möglichkeiten gibt es, Kinder nach der akuten Krise zu heilen?
  • Welche professionellen Ansprechpartner gibt es?

Sie können sich über diesen Link anmelden.

Die Workshops finden über Zoom statt und der Link wird Ihnen nach der Anmeldung zugeschickt.

Die Teilnahme ist kostenlos, aber die Teilnehmer:innenanzahl ist begrenzt.

Anmeldeschluss ist jeweils am Freitag vor dem jeweiligen Webinar um 12:00 Uhr.
Das Webinar wird gefördert durch das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration aus Mitteln des Landes Baden-Württemberg.
Weitere Informationen finden Sie auf dem Flyer zum Webinar.

BASE – Kostenfreier Online-Kurs zu psychosozialen Themen in der Hausarztpraxis – Anmeldefrist verlängert

Wie bereits im letzten Newsletter vorgestellt, ist das E-Curriculum BASE zu psychosozialen Themen in der Hausarztpraxis…

BASE – Kostenfreier Online-Kurs zu psychosozialen Themen in der Hausarztpraxis – Anmeldefrist verlängert

Wie bereits im letzten Newsletter vorgestellt, ist das E-Curriculum BASE zu psychosozialen Themen in der Hausarztpraxis seit 16.05.2022 online. Das Projektteam des Universitätsklinikums Ulm hat einen kompakten, praxisorientierten Onlinekurs erstellt. Die Teilnahme an dem 18 Unterrichtseinheiten umfassenden Kurs ist kostenfrei.

Sie können die Kursteilnahme jederzeit starten, der letztmögliche Termin für die Registrierung und den Kursstart ist der 28.02.2023.

Sie haben 120 Tage zur Bearbeitung des Online-Kurses Zeit. Themen des Kurses sind Gesprächsführung, Schwierigkeiten in Partnerschaft und Sexualität, arbeitsbezogene Problemlagen, Suizidalität sowie Kindeswohlgefährdung.

Hausärztlich tätige Ärzt:innen haben außerdem die Möglichkeit, an Fallgruppen via Videokonferenz teilzunehmen. Die Entwicklung des E-Curriculums wird im Rahmen eines Forschungsprojekts durch das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg gefördert.

Der Kurs ist bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg mit 20 CME-Punkten zertifiziert.

Den Link zur Kursanmeldung sowie weitere Informationen zum Kursangebot finden Sie auf der Webseite: www.pro.base-elearning.de

Veranstaltungen

Internationaler Kongress frühkindliches Trauma

03.-06. Mai 2023

Online und in Präsenz in Augsburg
Veranstalter: Akademie Ottenstein
mehr Infos…

20th International Congress of the European Society for Child and Adolescent Psychiatry (ESCAP)

29. Juni – 01. Juli 2023

Kopenhagen, Dänemark
mehr Infos…